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Pro und Contra: Skischulen ja oder nein?

Mit dem Beginn der Sportferien in vielen Kantonen stellt sich die Frage: Skischule, ja oder nein? Eine wilde Kinderhorde oder eine lässige Feriensache – unsere Redaktoren sind nicht gleicher Meinung. 

Südostschweiz
18.01.24 - 04:30 Uhr
Sport
Früh übt sich: Kinder machen auf den Pisten von Bergün ihre ersten Versuche auf Skis.
Früh übt sich: Kinder machen auf den Pisten von Bergün ihre ersten Versuche auf Skis.
Bild Christian Beutler

Pro – Roman Michel

Jahrelang besuchte ich während den Sportferien die Skischule. Und ja: Heute kann ich Ski fahren. Ziel erfüllt. Punkt. Mehr gibts nicht zu sagen. Halt. Doch! Weil die Skischule eben mehr ist, als bloss ein paar Bögli im Schnee zu lernen. Skischule, das ist auch heisse Schoggi trinken, wenn es draussen so kalt ist, dass beinahe die Finger abfallen. Skischule, das ist auch, über kleine Schanzen zu springen und sich wie Simon Ammann zu fühlen. Mindestens. Skischule, das ist auch eine Medaille zu gewinnen, obwohl ich im Rennen im Schnee landete. Wo gibts das schon, eine Medaille trotz Sturz? In der Skischule!

Aber zurück zur heissen Schoggi. Ist die Skischule mitunter nicht auch ein Ort des sozialen Kontakts? Während einer Woche ist man als Gruppe unterwegs. Man versucht, vom Sessellift mit Schneebällen das Pistenschild zu treffen. Freut sich gemeinsam über jeden Volltreffer. Man stürzt gemeinsam. Friert gemeinsam. Lacht gemeinsam. Oder die Spiele auf der Piste: Tatzelwurm, Synchronfahren. Alles nur in Grüppchen möglich. Das eine oder andere neue Feriengspändli trifft man dann plötzlich im nächsten Jahr wieder. Am selben Ort, bloss in der nächsthöheren Kategorie. Lässig, nicht?

Wahrscheinlich hätte ich auch ohne Skischule gelernt, Ski zu fahren. Aber ganz ehrlich: Sie bewahrte mich und wohl auch meine Eltern vor vielen unangenehmen Stunden, bösen Worten und Tränen. Wenn der Skilehrer vormachte, wie man den Körperschwerpunkt in den Kurven richtig verlagert, war das ganz schön cool. Wenn hingegen die Mutter sagte, ich solle doch noch etwas mehr in die Knie – da war der Familienfrieden für eine kurze Zeit mal aus den Fugen. Kurzer Perspektivenwechsel: Als Vater würde ich wohl ganz vieles hergeben für einen gemütlichen, kinderlosen Ferienmorgen auf der Piste. Ganz zu schweigen von der Geduld, die mir fehlen würde, um meinem Kind das Skifahren beizubringen.

Kommt hinzu: Skilehrer wissen genau, wie sie ihre Tipps und Tricks am effizientesten und schnellsten ans Kind bringen. Stemmbogen? Klingt kompliziert. Mit den Skis ein Pizzastück machen? Ah, alles klar. Und wie cool Skilehrer sind, wissen wir spätestens seit Gigi von Arosa.

Gigi hatte ich nie. Aber den einen oder anderen Namen meiner Skilehrer könnte ich heute noch aufzählen. Allein das zeigt, wie sehr mich die Skischule geprägt hat. In vielerlei Hinsicht. 

Contra – Annick Vogt

Nur um dies klarzustellen: Skischule ist nicht gleich Skischule. Genau so wie Skilehrerin nicht gleich Skilehrerin und Skischulkurs nicht gleich Skischulkurs ist. Darum: Skischulen sind nicht per se schlecht. Kurse für Wiedereinsteiger, Erfahrene oder auch Privatlektionen sind durchaus nützlich. Wo ich jedoch keinen Sinn sehe, ist in Skischulgruppen für Kinder.

Wenn ich an Skischulen denke, erscheint folgendes Bild: Gruppen mit acht bis zehn Kindern im Alter zwischen sechs und 13 Jahren, welche ihrem Skilehrer hinterherfahren. Die vordersten Skischüler geben sich Mühe, die Kinder in der Mitte kürzen ab und die Schlusslichter fahren so, damit sie nachkommen. Sprich irgendwie.

Hin und wieder halten die Gruppen. Sie bekommen Theorie vermittelt, warten auf Schlusslichter oder besprechen die bevorstehende Abfahrt. Schön und gut. Meist halten sie aber genau in einem Nadelöhr oder mitten in der Piste. Die Gruppen sind so anderen Skifahrerinnen im Weg. Es entsteht Chaos, und es kann zu gefährlichen Situationen kommen. Dass man sich als Skifahrer darüber nervt, ist verständlich. Schliesslich heisst eine Skiregel: «Halte nur am Pistenrand oder an übersichtlichen Stellen an.» So viel zur vermittelten Theorie und der Umsetzung in die Praxis.

Die meisten Kinder sind wegen ihrer Eltern in einer Skischulgruppe. Ob sie wirklich glauben, ihre Kinder würden da das Skifahren lernen oder sie das Angebot nur als Hütedienst sehen, sei dahingestellt. Nur die wenigsten Kinder wollen von sich aus in eine Skischule, um das Skifahren zu lernen. Entweder wollen sie die Skischulgruppe nutzen, um «Seich» fernab der Eltern zu machen, ihre Freundinnen zu sehen oder neue Freunde zu finden.

Das Gelernte setzen die Kinder spätestens dann nicht mehr um, wenn sie nachmittags – ab einem gewissen Alter – alleine fahren dürfen. Kein Stockeinsatz, keine Kontrollblicke, hinten am Ski, zu hohes Tempo und kaum eine Chance, auf Sicht zu bremsen. Was wieder eine Regelverletzung darstellt. Spass auf der Piste gehört dazu, die Sicherheit aller Skifahrerinnen und Skifahrer geht aber vor.

Wer will, dass seine Kinder Skifahren in einer Skischule lernen, sollte Privatlektionen buchen. Der Skilehrer hat mit nur einem Skischüler – vielleicht zwei – die Zeit, nur auf sie zu fokussieren. Dass Privatlektionen allenfalls teurer sein können als Gruppenlektionen, sei hier vermerkt. Sie sind jedoch um ein Vielfaches sinnvoller.

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