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Der Regen lässt Brienz/Brinzauls wieder etwas schneller rutschen

Brienz rutscht wieder schneller. Das liegt an der grossen Niederschlagsmenge der letzten paar Wochen. Die vier Bohrungen genügen nicht, um das vWasser aus der Rutschmasse in den Stollen abzuleiten.

Südostschweiz
17.11.23 - 08:46 Uhr
Ereignisse
Vorsicht geboten: Durch den vielen Regen kommt wieder mehr Bewegung in den Berg.
Vorsicht geboten: Durch den vielen Regen kommt wieder mehr Bewegung in den Berg.
Bild Livia Mauerhofer

Im Gebiet von Brienz/Brinzauls hat es in den vergangenen drei bis vier Wochen viel geregnet. «Die kalte und nasse Jahreszeit hat begonnen», sagt Stefan Schneider, Leiter des Frühwarndienstes. Mit dem vielen Regen haben auch die Rutschungen zugenommen. «Niederschläge versickern und sättigen die Rutschmasse mit Wasser. Das lässt sie schneller gleiten als in trockenen Perioden», erklärt Schneider.

Aktuell bewegt sich der Messpunkt bei der Kirche von Brienz/Brinzauls einen Meter und 15 Zentimeter pro Jahr. Auch die Bereiche Plateau und Front, West und Insel Ost reagierten auf den vielen Regen empfindlicher – mit zunehmenden Geschwindigkeiten (siehe Kasten). In den letzten Tagen sind die Geschwindigkeiten in diesen Bereichen aber wieder zurückgegangen. Das gab die Gemeinde Brienz/Brinzauls in einer Mitteilung vom Freitag bekannt.

Aktuelle Geschwindigkeiten

Plateau: gut 2,9 Meter/Jahr | zunehmend
Front: gut 4,1 Meter/Jahr | zunehmend
West: gut 5,9 Meter/Jahr | zunehmend
Insel Ost: 2,4 Meter/Jahr | zunehmend
Rücken Caltgeras: 1,8 Meter/Jahr | zunehmend
Rutschung Dorf: 1,15 Meter/Jahr | zunehmend

Im bewaldeten Rücken Caltgeras nehmen die Geschwindigkeiten seit Ende August laufend zu. Sie folgen aber nicht den Niederschlagsereignissen.

Zunahme der Rutschungen ist nicht beunruhigend

Einzelne, kleine bis mittlere Niederschlagsereignisse haben laut Schneider keinen direkten Einfluss auf die Rutschgeschwindigkeit der gesamten Rutschung – längere Nässeperioden aber schon: «Insbesondere die Schneeschmelze hat einen Einfluss. Dann dringt in kurzer Zeit viel Wasser in den Untergrund ein. Der Wasserdruck im Untergrund steigt, und mit ihm die Rutschgeschwindigkeit.» Aktuell dürfte die Zunahme auch damit zusammenhängen, dass der Spätsommer und der Herbst überdurchschnittlich nass waren und es auch schon schneite.

Für die Geologen und Geologinnen sind die aktuellen Geschwindigkeitszunahmen also nicht erstaunlich und auch nicht beunruhigend. Saisonale Schwankungen gibt es bereits seit mehreren Jahren. Man kann davon ausgehen, dass die Beschleunigung durch den Winter und die Schneeschmelze anhält – und sich im Frühsommer und Sommer dann wieder zurückbildet. 

Sondierstollen zeigt Wirkung

Im Gebiet Armauns oberhalb des Dorfes Brienz/Brinzauls haben die letzten beiden Sondierbohrungen ein grosses Wasservorkommen innerhalb der Rutschmasse nachgewiesen. Nun liegen die Hoffnungen auf dem geplanten Entwässerungsstollen: Von ihm aus werden mehr als 100 Bohrungen den Untergrund von Brienz entwässern. 

Dass die Tiefenentwässerung durch den Stollen und die zahlreichen Bohrungen funktionieren werden, sprechen die bisherigen Erkenntnisse aus dem Sondierstollen: Er und seine Bohrungen haben den Wasserdruck im stabilen Fels unterhalb der Rutschung markant gesenkt und so die Rutschgeschwindigkeiten deutlich verlangsamt. 

«Obwohl sich der Sondierstollen weit unterhalb des Dorfes und auf der westlichen Seite der Rutschung befindet, hat er seine Wirksamkeit bis zum Plateau ganz oben auf der Rutschung Berg gezeigt», sagt Reto Thöny. «Das ist bemerkenswert und freut uns sehr.» Dass die Geschwindigkeiten seit Ende August in gewissen Gebieten trotzdem wieder leicht zunehmen, liege daran, dass im Moment mehr Wasser in die Rutschung gelange, als mit den vier Bohrungen aus der Rutschmasse in den Stollen abgeleitet werden könne, erklärt der Geologe.

Alles im Zeitplan beim Entwässerungsstollen

Der enge Zeitplan für die Projektierung und Vergabe der Arbeiten für den Entwässerungsstollen kann bisher eingehalten werden. Bis Ende November können interessierte Unternehmen ihre Offerten einreichen. Diese werden dann kontrolliert und beurteilt. Darauf erfolgt die Vergabe der Arbeiten. Wenn alles nach Plan läuft, können die Bauarbeiten im Stollen im kommenden März wieder aufgenommen werden. 

Bereits am Laufen sind die Vorbereitungsarbeiten für die Deponie Tgampi unterhalb Alvaschein. Noch vor dem Winter werden hier eine Werksausfahrt und -einfahrt für die Lastwagen gebaut und der Humus abgetragen sein, sodass ab März 2024 Ausbruchmaterial angeliefert und eingebaut werden kann. 


Das Bauprogramm sieht vor, dass die Bauarbeiten für den Entwässerungsstollen und die mehr als 100 Drainagebohrungen bis Ende 2027 fertig sind. (red)

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